Original und Fälschung

Vorgestern durften die frisch gewählten Kandidaten von UWE zum ersten Male die ihnen zugedachten Plätze bei der Gemeindevertretersitzung im Raum „Seltrisa“ im wunderschön renovierten Brunnentempel in Niederselters einnehmen. Der Weg dorthin führte an einigen Exponaten des Museums vorbei. Die kleine aber liebevoll zusammengestellte und informative Ausstellung mit vielen historischen Bildern und Fakten über  das ursprüngliche Selterswasser kann ich übrigens jedem wärmstens empfehlen. Meine letzte Visite mit Führung liegt nun schon ein paar Jahre zurück, aber ich habe sie immer noch in bester Erinnerung.

Die Fraktion nahm also Platz, richtete sich ein und folgte gespannt den Ausführungen der gestandenen Kommunalpolitiker. Allerdings nur kurz, denn kaum hatte man die Unterlagen auf dem Tisch ausgebreitet und die Beine sortiert sowie eine gewichtige Miene aufgesetzt, wurde zum Gruppenbild auf der Treppe vor dem Gebäude gebeten. Nachdem alle einige Minuten in die tiefstehende Sonne geblinzelt hatten und dabei versuchten, trotzdem möglichst seriös dreinzuschauen, was vermutlich leidlich missglückt sein dürfte, begab man sich zurück an die Plätze. Beine neu sortiert, Handy auf „Flugmodus“ und dann die Ohren gespitzt. Jetzt ging es los.

Nach einigen Reden kam irgendwann der Antrag von CDU und SPD zum Wahlvorschlag für die Besetzung der Stellvertreter des Vorsitzenden der Gemeindevertretung. Einem Gegenantrag von UWE folgte eine kurze Unterbrechung der Sitzung. Zeit, sich schnell zu beraten und die nunmehr aufgrund von Erregung, trockener Luft und Redsamkeit nach Erfrischung dürstenden Kehlen zu benetzen. Eine ausreichende Menge an Gläsern und Wasserflaschen standen bereit. Doch der Blick auf das Etikett ließ mich stutzen. Selterswasser, ja, das stand da! Aber aus der inzwischen nicht minder bekannten Quelle bei Löhnberg! Warum und weshalb? Ich war verwirrt. Und sofort schossen mir diverse Assoziationen durch den Kopf: „Wenn ich zu Maredo gehe, möchte ich dann die Tofu-Karte vorgelegt bekommen?“, „Besuche ich das Goethe-Haus in Frankfurt, um etwas über moderne Kunst zu erfahren?“, „Freut sich meine Frau, wenn ich ihr zum Hochzeitstag einen Bund Steppengras überreiche?“, „Gibt es wirklich den 35. Mai?“… und ich kam, neben der Vermutung, dass die Darreichung des Haustrunks vermutlich nicht nur kostengünstiger sondern obendrein schmackhafter (nun gut, das mag individuell verschieden sein) und authentischer (darüber gibt es keine Zweifel) wäre, zu dem Schluss: das ist ein Stilbruch.

Falls bei der nächsten Sitzung hessische Tapas gereicht würden, wäre ich versöhnt.

Zum Wohle!

2 Kommentare

  1. Lieber Lothar,
    danke für diesen sehr anschaulichen Artikel.
    Allerdings waren die Flaschen nicht verplombt und du kannst ohne schlechtes Gewissen echtes Selterswasser aus unserem Niederselters auf der nächsten Gemeindevertretersitzung genießen.
    Viele Grüße
    Milena

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